Radsportwallfahrt und Italienita
Auf seiner dreitägigen Pässetour in der Lombardei legt der RV Brittnau bis zu 320 Strassenkilometer zurück und erklimmt auf traumhaften Passrouten bis 8000 Höhenmeter.
Gino Bartali, Fausto Coppi oder Louison Bobet: Klingende Namen zieren die Trikots der drei Radfahrerinnen und sechzehn Radfahrer, die sich an diesem warmen Augustmorgen dem Comersee entlang einfahren. Auch Pascal Richard oder Oscar Camenzind sind auf den Rücken verewigt. Scheint fast, als wären die Helden der Lombardeirundfahrt wieder auferstanden. Ganze drei Tage folgt der RV Brittnau den Aufstiegen des norditalienischen Radmonuments.
Wallfahrtsort des Radsports
Das Einfahren dauert nur kurz: Nach gut 15 Kilometern nehmen die drei Stärkegruppen die angenehm regelmässige erste Steigung mit insgesamt 900 Höhenmetern auf den Col di Sormano (1124m. ü. M.) in Angriff. Oben wartet ein fantastischer Ausblick auf den östlichen Schenkel des Comer Sees. Die Sonne brennt heiss auf der Weiterfahrt zum Mittagshalt auf dem Santuario Madonna del Ghisallo (760 m. ü. Meer). Der Radsport-Wallfahrtsort, auf dessen Kuppe schon manche Vorentscheidung zur Lombardei-Rundfahrt gefallen ist, begrüsst die Radsportbegeisterten mit Bronzebüsten von Gino Bartali und Fausto Coppi, die Kübler und Koblets Italiens. Die Wände der kleinen Kirche sind mit legendären Originalfahrrädern bestückt. So auch mit Francesco Mosers legendärer Zeitfahrmaschine, mit der er erstmals in der Geschichte binnen einer Stunde über 50 Kilometer zurücklegte. Erstaunlich, was diese Radsportler zu leisten im Stande waren. Denn manch eines dieser Fahrräder taugt nach heutigem Empfinden nicht einmal als Bahnhofsvelo. Von der Schutzpatronin der Radsportler geht es weiter nach Bellagio zum Kaffee an der Flaniermeile und von dort zum Zielort Lecco. Die Forza-Gruppe mit den Schnellsten bewältigt noch den Aufstieg nach Valbrona (500 m.ü. M.) und gönnt sich zum Abschluss den Colle di Brianza (559 m.ü. M). 118 Kilometer und rund 2500 Höhenmeter sind eine knackige Ausbeute zum Starttag. Auf nicht viel weniger kommen trotz kleiner Abkürzungen die Gruppen Mezzaforza und Viva. In Lecco hat Carfahrer Michael Schnyder von der Tschannen AG das Gepäck bereits in der Hotelhalle deponiert. Doch zuerst geniessen die müden Radler ein herzhaftes Bier mitsamt italienischen Antipasti.
Zauberhafter Quell San Pellegrino
Am Folgetag erkunden die Brittnauer auf ihrer Königsetappe mit dem praktisch verkehrsfreien Passo di Valcava (1340 m. ü. Meer) ein verstecktes Juwel der Bergamasker Alpen. Der Gesamtaufstieg von 1100 Höhenmeter stellt den Muskeln gegen Schluss hochprozentige Rampen in den Weg. Die Abfahrt ist verdient. Vor dem Mittagessen in Omobono queren die schnelleren Gruppen noch den Rota d’Imagna. Nach zwei weiteren nahrhaften Anstiegen sind die 3000 Höhenmeter fast erreicht, nun geht es noch ins Tal hinauf ins Belle-Epoque-Städtchen San Pellegrino, wo das berühmte Mineralwasser sprudelt. In der Schweiz populär gemacht hat es Schöni Transporte aus Rothrist. Direkt an der Flaniermeile San Pellegrinos logiert der Pässetourtross kollossal und geniesst das italienische Lebensgefühl. Die Stimmung ist bestens. Tourorganisator Andreas Reinstadler hat sich mit Unterstützung von Kurt Hofmann wieder einmal selbst übertroffen. Vielen Dank im Namen aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Dass ein Teilnehmer sich kurz nach Como leider unverschuldet einen Unfall mit Beckenbruch zuzieht, trübt die Stimmung. Doch hellt sie sich ob der erfreulichen Genesungsaussichten wieder etwas auf. Was auch beruhigt: Der Verunfallte hat sich bereits ein neues Rad bestellt. Ein herzliches «Welcome back» im nächsten Jahr!
Serpentinen zum Geniessen
Der letzte Tag bietet noch einmal bis zu 80 Kilometer und rund 2000 Höhenmeter auf legendäre Kulminationspunkte hinauf. Der Passo die Zambla (1264 m.ü.M.) und der Passo di Ganda (1061 m.ü.M.) sind nahrhaftes Futter für inzwischen doch etwas müde Beine. Die wunderschöne Abfahrt entlang zahlreicher enger Serpentinen hinunter nach Nembro bei Bergamo ist eine Wohltat für Kopf und Beine. Nach dem Genuss einer Pizza verladen die müden Brittnauer ihre Fahrräder in den Bus zurück nach Zofingen. Die Reise ist kurzweilig. Manche verfolgen ein Mountainbike-Weltcuprennen. Andere ziehen das Eidgenössische Schwingfest vor. Dass endlich wieder einmal ein Innerschweizer Schwingerkönig wird, bedeutet für einen der Fahrer ein Festtag. Wegen grossen Verkehrsaufkommens quert der Car den Gotthardpass und kommt noch bei Tageslicht um 19:30 Uhr in Zofingen an. Das Erlebte wirkt in seiner Dichte und Vielfalt noch tagelang nach. (Gino Fluckiger)
Bericht.pdf
Jun 21 2023
ZT Artikel-Ironbike 2023
Der Ironbike Brittnau startet durch und begrüsst bei strahlend schönem Samstags- und Sonntagswetter erstmals fast 1800 Radsportbegeisterte.
«Dass man bei uns derart abseits vom Verkehr über den Horben fahren kann, wusste ich bisher nicht», meint ein Seetaler Teilnehmer der grossen Rennradschlaufe gegenüber Ironbike-OK-Präsident Rolf «Jean» Meyerhans. Dass hört dieser gern: Dass sich der organisierende RV Brittnau selbst auf entlegeneren Terrains oft besser auskennt, als so manche Einheimische, ist sein Erfolgsrezept.
Bei sonnigem Sommerwetter hat der Ironbike Brittnau einmal mehr die Erwartungen erfüllt. Den strahlenden Gesichter der staubbedeckten Biker, erschöpften Radrennfahrer und verschwitzten Elektrokurbler war es anzusehen: Manche schwelgen noch im erlebnisreichen Landschaftsfilm, den sie von der Strecke in das Radfahrervillage tragen. Der Ironbike hat seine langjährige Fangemeinde. Und gewinnt inzwischen nicht nur dank Mund-zu-Mund-Propaganda sondern auch dank ausgebauter Social-Media-Werbung laufend neue Fans dazu.
Über 250 Teilnehmende beim Familybike
«Wir sind stolz darauf, mit 1776 Startenden bereits im zweiten Jahr nach der Coronapandemie den bisherigen Teilnehmerrekord gebrochen zu haben», sagt Rolf «Jean» Meyerhans denn auch sichtlich zufrieden. «Besonders erfreulich: Mit dem neu aufgezogenen Family-Bike konnten wir über 250 Teilnehmende, oft Familien mit Kindern unter zehn Jahren, ansprechen. Da haben wir noch weiteres Potenzial » Der bis 27 Kilometer lange Family Bike hinauf nach Altishofen und zurück, habe laut Meyerhans auch den einen oder anderen weniger trainierten Erwachsenen angelockt.
Nach dem Ironbike ist bereits wieder vor dem Ironbike. Der OK-Präsident zieht angesichts der vielen guten bis begeisterten Feedbacks und den abgesehen von leichten Blessuren unfallfreien Fahrten bereits wieder Verbesserungen in Betracht. So sollen am Ironbike vom 22. Und 23. Juni 2024 zusätzlich zu Bar- und Kartenzahlungen neu auch Zahlungen per Twint möglich sein. Und auch will er angesichts des Aufwandes prüfen, ob das Angebot von sieben verschiedenen Strecken um eine oder zwei gestrafft werden könnte.
Velofahrer glänzen als Frühaufsteher
Noch freuen er und die zahlreichen Helfer sich erst noch über den Erfolg: Angefangen hat der Ironbike in aller Herrgottsfrühe: Bereits nach halb sechs Uhr am Samstag standen die ersten nervösen Radfahrer für die 132 Kilometer lange Rennrad- oder die 85 Kilometer lange Bikestrecke auf der Matte. Mit dem Ziel, um Mittag zurück zu sein. Die grosse Welle mit Radfahrenden auf den kürzeren Strecken wie 41 oder 65 Kilometer Bike oder 78 Kilometer Rennrad folgte bis gegen 10 Uhr. Über 1000 gut gelaunte Teilnehmerinnen und Teilnehmer schickte das OK am Samstag mit Armbändern, Bidons, Getreideriegeln sowie zusätzlichem Kartenmaterial und GPS-Daten auf die ausgeschilderten Routen Richtung Triengen (Bike), Beromünster (Rennrad) oder Altishofen.
Noch herrschte derweil beim Brittnauer Schulhaus kurz Ruhe vor dem Sturm. Bis am Mittag dann die ganze Welle dichtgedrängt wieder auf den Platz stürzte. In Windeseile wuchsen vor der T-Shirt-Ausgabe und Medaillenvergabe für die Kleinsten die Warteschlangen an. Die Festwirtschaft mit zahlreichen Schattenplätzen war innert Kürze proppenvoll. Rund zwei Dutzend Helferinnen und Helfer wuselten in ihren orangen T-Shirts hin und her und taten ihr Bestes, die hungrigen Mäuler mit Bergen von Pasta zu verköstigen und die durstigen Kehlen mit Getränken aller Art zu stillen.
Der Betrieb auf dem Festgelände hielt beidertags lange an. Denn schliesslich gab es einiges von unterwegs zu erzählen. Oder im Ironbike-Village mit Fahrrad-, Autoanbietern und der Migrosbank auch manches zu fachsimpeln. Und schliesslich war es im Baumgarten auf dem Brittnauer Schulhausplatz auch wie eh und je ein gut Höcklen. Einfach um ein bisschen zusammen zu sein.
Gedenkstätte zu Ehren Gino Mäders
Den grossen Gemeinsinn der Radfahrergemeinde stellte der RV Brittnau mit seiner Gedenkstätte zu Ehren des am letzten Freitag tragisch verstorbenen Jungprofis Gino Mäder unter Beweis. Mit dessen Familie sind einige Mitglieder direkt verbunden. Am Tisch mit Gedenkkerze und Erinnerungsbildern des hoffnungsvollen und beliebten Radsportlers trug sich eine Hundertschaft mit bewegten Worten in das Kondolenzbuch ein. Das Buch wird der Familie in den nächsten Tagen persönlich übergeben. (mf)
By danman • Ironbike, Meisterschaft 0