Pässetour 2022 – Abdrücke die bleiben

Radsportwallfahrt und Italienita

Auf seiner dreitägigen Pässetour in der Lombardei legt der RV Brittnau bis zu 320 Strassenkilometer zurück und erklimmt auf traumhaften Passrouten bis 8000 Höhenmeter.

Gino Bartali, Fausto Coppi oder Louison Bobet: Klingende Namen zieren die Trikots der drei Radfahrerinnen und sechzehn Radfahrer, die sich an diesem warmen Augustmorgen dem Comersee entlang einfahren. Auch Pascal Richard oder Oscar Camenzind sind auf den Rücken verewigt. Scheint fast, als wären die Helden der Lombardeirundfahrt wieder auferstanden. Ganze drei Tage folgt der RV Brittnau den Aufstiegen des norditalienischen Radmonuments.

Wallfahrtsort des Radsports

Das Einfahren dauert nur kurz: Nach gut 15 Kilometern nehmen die drei Stärkegruppen die angenehm regelmässige erste Steigung mit insgesamt 900 Höhenmetern auf den Col di Sormano (1124m. ü. M.) in Angriff. Oben wartet ein fantastischer Ausblick auf den östlichen Schenkel des Comer Sees. Die Sonne brennt heiss auf der Weiterfahrt zum Mittagshalt auf dem Santuario Madonna del Ghisallo (760 m. ü. Meer). Der Radsport-Wallfahrtsort, auf dessen Kuppe schon manche Vorentscheidung zur Lombardei-Rundfahrt gefallen ist, begrüsst die Radsportbegeisterten mit Bronzebüsten von Gino Bartali und Fausto Coppi, die Kübler und Koblets Italiens. Die Wände der kleinen Kirche sind mit legendären Originalfahrrädern bestückt. So auch mit Francesco Mosers legendärer Zeitfahrmaschine, mit der er erstmals in der Geschichte binnen einer Stunde über 50 Kilometer zurücklegte. Erstaunlich, was diese Radsportler zu leisten im Stande waren. Denn manch eines dieser Fahrräder taugt nach heutigem Empfinden nicht einmal als Bahnhofsvelo. Von der Schutzpatronin der Radsportler geht es weiter nach Bellagio zum Kaffee an der Flaniermeile und von dort zum Zielort Lecco. Die Forza-Gruppe mit den Schnellsten bewältigt noch den Aufstieg nach Valbrona (500 m.ü. M.) und gönnt sich zum Abschluss den Colle di Brianza (559 m.ü. M). 118 Kilometer und rund 2500 Höhenmeter sind eine knackige Ausbeute zum Starttag. Auf nicht viel weniger kommen trotz kleiner Abkürzungen die Gruppen Mezzaforza und Viva. In Lecco hat Carfahrer Michael Schnyder von der Tschannen AG das Gepäck bereits in der Hotelhalle deponiert. Doch zuerst geniessen die müden Radler ein herzhaftes Bier mitsamt italienischen Antipasti.

Zauberhafter Quell San Pellegrino

Am Folgetag erkunden die Brittnauer auf ihrer Königsetappe mit dem praktisch verkehrsfreien Passo di Valcava (1340 m. ü. Meer) ein verstecktes Juwel der Bergamasker Alpen. Der Gesamtaufstieg von 1100 Höhenmeter stellt den Muskeln gegen Schluss hochprozentige Rampen in den Weg. Die Abfahrt ist verdient. Vor dem Mittagessen in Omobono queren die schnelleren Gruppen noch den Rota d’Imagna. Nach zwei weiteren nahrhaften Anstiegen sind die 3000 Höhenmeter fast erreicht, nun geht es noch ins Tal hinauf ins Belle-Epoque-Städtchen San Pellegrino, wo das berühmte Mineralwasser sprudelt. In der Schweiz populär gemacht hat es Schöni Transporte aus Rothrist. Direkt an der Flaniermeile San Pellegrinos logiert der Pässetourtross kollossal und geniesst das italienische Lebensgefühl. Die Stimmung ist bestens. Tourorganisator Andreas Reinstadler hat sich mit Unterstützung von Kurt Hofmann wieder einmal selbst übertroffen. Vielen Dank im Namen aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Dass ein Teilnehmer sich kurz nach Como leider unverschuldet einen Unfall mit Beckenbruch zuzieht, trübt die Stimmung. Doch hellt sie sich ob der erfreulichen Genesungsaussichten wieder etwas auf. Was auch beruhigt: Der Verunfallte hat sich bereits ein neues Rad bestellt. Ein herzliches «Welcome back» im nächsten Jahr!

Serpentinen zum Geniessen

Der letzte Tag bietet noch einmal bis zu 80 Kilometer und rund 2000 Höhenmeter auf legendäre Kulminationspunkte hinauf. Der Passo die Zambla (1264 m.ü.M.) und der Passo di Ganda (1061 m.ü.M.) sind nahrhaftes Futter für inzwischen doch etwas müde Beine. Die wunderschöne Abfahrt entlang zahlreicher enger Serpentinen hinunter nach Nembro bei Bergamo ist eine Wohltat für Kopf und Beine. Nach dem Genuss einer Pizza verladen die müden Brittnauer ihre Fahrräder in den Bus zurück nach Zofingen. Die Reise ist kurzweilig. Manche verfolgen ein Mountainbike-Weltcuprennen. Andere ziehen das Eidgenössische Schwingfest vor. Dass endlich wieder einmal ein Innerschweizer Schwingerkönig wird, bedeutet für einen der Fahrer ein Festtag. Wegen grossen Verkehrsaufkommens quert der Car den Gotthardpass und kommt noch bei Tageslicht um 19:30 Uhr in Zofingen an. Das Erlebte wirkt in seiner Dichte und Vielfalt noch tagelang nach. (Gino Fluckiger)

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